Liebe Freunde des Bewusstseins, liebe Freunde des Herzens!
Aus der Balance von Herz und Verstand könnten wir uns jetzt einmal einladen lassen, nachfolgende Weisheit aus unserem heutigen Bewusstsein wirken zu lassen !?
Nachdem wir alle auf Gegenseitigkeit von den Dingen und Mitmenschen abhängig sind und alles und jeder mit jedem, auf welche Art und Weise auch immer, miteinander verbunden ist, könnten wir uns jetzt einmal von der Frage eingeladen fühlen, welchen Einfluss wir üben möchten?
Welchen Einfluss wollen wir also üben und was und welches Bewusstsein wollen wir eines Tages unseren Kindern hinterlassen?
Gerne lege ich dazu die schönste und berührendste Geschichte, die mich eines Tages gefunden hat und die ich gerade für diese Tage wie angemessen erachte, bei.
Ich grüße alle herzlich und wünsche für uns alle “Glückliches Gelingen” für all unsere weiteren Begegnungen, sowohl mit uns selbst als auch mit anderen.
Namasté
Johannes Mak
Die Münze mit den Wollfäden
-eine wahre Begebenheit-
Einmal habe ich eine Zeitlang in China gelebt. Ich war im Frühjahr in Shanghai angekommen und die Hitze war mörderisch. Die Kanäle stanken zum Himmel und immer war der ranzige, üble Geruch von Sojabohnenöl in der Luft. Ich konnte und konnte mich nicht eingewöhnen. Neben Wolkenkratzern lagen Lehmhütten, vor denen nackte Kinder im Schmutz spielten. Nachts zirpten die Zikaden im Garten und ließen mich nicht schlafen.
Im Herbst kam der Taifun und der Regen stand wie eine gläserne Wand vor den Fenstern. Ich hatte Heimweh nach Europa. Da war niemand, mit dem ich befreundet war und der sich darum kümmerte, wie mir zumute war. Ich kam mir ganz verloren vor in diesem Meer von fremden, gelben Gesichtern.
Dann kam Weihnachten. Ich wohnte bei Europäern, die chinesische Diener hatten. Der oberste von ihnen war der Koch, Ta Tse-fu, der große Herr der Küche. Er sprach etwas Deutsch und war der Dolmetscher zwischen mir und dem Zimmerkuli, dem Ofenkuli, dem Wäschekuli und was es da sonst noch an Dienerschaft im Hause gab.
Am Heiligen Abend überreichte mir der Ta Tse-fu ein Geschenk. Es war eine chinesische Kupfermünze, mit einem Loch in der Mitte und durch dieses Loch waren viele, bunte Wollfäden gezogen und dann zu einem Zopf zusammen-geflochten.
„Eine sehr alte Münze“, sagte der Koch feierlich, „und die Wollfäden sind von mir und meiner Frau und von dem Zimmerkuli und seiner Schwester und von den Eltern und Brüdern und vom Ofenkuli – von uns allen sind die Wollfäden“. Ich bedankte mich sehr.
Es war ein merkwürdiges Geschenk – viel merkwürdiger, als ich zunächst dachte ! Denn als ich die Münze mit ihrem bunten Wollzopf einem Bekannten zeigte, der seit Jahrzehnten in China lebte, erklärte er mir, was es damit für eine Bewandtnis hatte: Jeder Wollfaden wäre eine Stunde des Glücks. Der Koch war zu seinen Freunden gegangen und hatte sie gefragt: „Willst du von dem Glück, das dir für dein Leben vorbestimmt ist, eine Stunde des Glücks abtreten ?“ Und der Ofenkuli und Zimmerkuli und Wäschekuli und ihre Verwandten hatten für mich, die fremde Europäerin, einen Wollfaden gegeben, als Zeichen, dass sie mir von ihrem Glück eine Stunde des Glücks schenkten. Es war ein grosses Opfer, das sie brachten. Denn wenn sie auch bereit waren, auf eine Stunde ihres Glücks zu verzichten – es lag nicht in ihrer Macht zu bestimmen, welche Stunde aus ihrem Leben es sein würde. Das Schicksal würde entscheiden, ob sie die Glücksstunde abtraten, in der ihnen ein reicher Verwandter sein Hab und Gut verschrieben hätte, oder ob es nur eine der vielen Stunden sein würde, in der sie glücklich beim Reiswein saßen ! Ob sie die Glücksstunde wegschenkten, in der das Auto, das sie sonst überfahren hätte, noch rechtzeitig bremste oder die Stunde, in der das junge Mädchen vermählt worden wäre. Blindlings und doch mit weit offenen Herzen machten sie mir, der Fremden, einen Teil ihres Lebens zum Geschenk.
Ich hatte nie wieder ein Weihnachtsgeschenk bekommen, das sich mit diesem hätte vergleichen lassen. Ja, von diesem Tag an habe ich mich in China zu Hause gefühlt. Und die Münze mit dem bunten Wollzopf hat mich jahrelang begleitet.
Ich habe sie nicht mehr. Eines Tages lernte ich jemanden kennen, der war noch übler dran, als ich damals in Shanghai. Da habe ich einen Wollfaden genommen, ihn zu den anderen dazu geknüpft – und ich habe die Münze weitergegeben.